Die dritte Vorkehrung: Weisheit


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Die dritte Vorkehrung:
 
Weisheit
 
 
 
Der Rufer muss mit Weisheit zu Allah einladen. Wie bitter ist es für jenen, der sie nicht besitzt. Da’wa (der Ruf) zu Allah muss mit
 
1) Weisheit, dann mit
 
2) Ermahnung, dann mit
 
3) Argumentation auf die beste Art mit jenem, der nicht tyrannisch ist, und dann mit
 
4) Argumentation auf die nicht beste Art mit jenem, der tyrannisch ist, erfolgen.
 
Hierin sind also vier Stufen. Allah sagt: "Rufe zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung auf, und streite mit ihnen auf die beste Art. Wahrlich, dein Herr weiß am besten, wer von Seinem Wege abgeirrt ist; und Er kennt jene am besten, die rechtgeleitet sind."[Sura an- Nahl/16:125]
 
 
 
Und Allah sagt: "Und streitet nicht mit dem Volk der Schrift; es sei denn auf die beste Art und Weise. Ausgenommen davon sind jene, die ungerecht sind. Und sprecht: 'Wir glauben an das, was zu uns herabgesandt wurde und was zu euch herabgesandt wurde; und unser Gott und euer Gott ist Einer; und Ihm sind wir ergeben.'"[Sura al- ’Ankabut/29:46]
 
Weisheit bedeutet, dass man die Angelegenheiten mit Genauigkeit und Exaktheit behandelt; vielmehr bedeutet sie, dass man die Dinge ihrem richtigen Platz zuordnet. Es ist nicht von der Weisheit, die Dinge hastig anzugehen und von den Leuten zu erwarten, dass sie über Nacht ihren Rang in den Rang der Gefährten ändern. Und wer dies erwartet, der ist ein dummer Mann. Er ist fern von jeglicher Weisheit, denn die Weisheit Allahs ist nicht derart. Der Beweis hierfür ist, dass Allah den Qur’an dem Gesandten Allahs    stufenweise offenbart hat, damit er stabil und fest in den Seelen verankert wird.
 
 
 
Das Gebet wurde drei Jahre vor der Hijra (Auswanderung) während des Mi’raj (Himmelsreise) zur Pflicht gemacht. Manche sagen ein Jahr davor, andere wiederum fünf Jahre. Es gibt unter den Gelehrten hierzu eine Meinungsverschiedenheit. Unabhängig davon wurde das Gebet nicht in der Art, wie wir sie kennen, gleich zur Pflicht gemacht. Als die Pflicht zum Gebet auferlegt wurde, betete man anfangs zwei Rak’as (Gebetseinheit) für Dhuhr, ’Asr, ’Ischa und Fajr. Das Maghrib-Gebet bestand aus drei Rak’as. Nach der Hijra und dem dreizehnjährigen Aufenthalt des Propheten    in Mekka wurde das Gebet für die Einwohner erhöht, und so wurden es vier Rak’at für Dhuhr, ’Asr und ’Ischa. Das Fajr-Gebet blieb gleich. Auch das Maghrib-Gebet änderte sich nicht, da es der Witr des Tages war.
 
Des Weiteren wurde Zakah im zweiten Jahr nach der Hijra zur Pflicht gemacht. Manche sagen, dass sie bereits in Mekka bindend war, jedoch nicht ihre endgültige Form im Sinne der Verteilung und der Verpflichtung annahm.
 
 
 
Und der Prophet    hatte bis zum neunten Jahr nach der Hijra keine Boten ausgesandt, um die Zakah einzusammeln. Daher entwickelte sich die Zakah in drei Stufen:
 
1. In Mekka: „…doch gebet davon am Tage der Ernte (dem Armen) seinen Anteil…“[Sura al-An’am/6:141] Jedoch war die Verpflichtung nicht eindeutig, auch nicht die unterstellte Summe, die man zu geben hatte. Man überließ es den Leuten.
 
 
 
2. Im zweiten Jahr nach der Hijra wurde sie mit rechtmäßigen Anteilen spezifiziert.
 
 
 
3. Im neunten Jahr nach der Hijra begann der Prophet    Boten zu den Leuten des Verdienstes und des Profits zu senden, um die Zakah von ihnen einzusammeln.
 
 
 
Siehe daher diese sorgfältige Berücksichtigung der Lage der Leute in Bezug auf die Gesetzgebung Allahs. Er ist der beste aller Richter.
 
 
 
Das Gleiche gilt für das Fasten, denn es war eine stufenweise Entwicklung in Bezug auf die Gesetzgebung. Zuerst wurde bindend gemacht, dass man zwischen dem Speisen eines Bedürftigen und dem Fasten wählen konnte. Danach wurde das Fasten vorgeschrieben, und das Speisen eines Bedürftigen wurde nur jenen erlaubt, die nicht in der Lage waren, zahlreiche aufeinanderfolgende Tage zu fasten.
 
 
 
Deshalb sage ich: die Weisheit beklagt sich, dass die Welt sich über Nacht ändert. Es muss Geduld und Toleranz geben. Akzeptiere von deinem Bruder, den du rufst, was er heute von der Wahrheit hat und fahre mit ihm Schritt für Schritt fort, bis er schließlich in der Lage ist, sich von Falschheit zu befreien. Daher gibt es einen Unterschied zwischen einem Unwissenden und einem, der hartnäckig ablehnt. Vielleicht ist es angemessen, dass ich nun einige Beispiele über die Da’wa des Gesandten Allahs    erwähne.
 
 
 
Das erste Beispiel:
 
 
 
Ein Beduine betrat einst die Moschee, während der Prophet    mit seinen Gefährten saß. Der Beduine urinierte dann an einer Stelle in der Moschee, so dass die Leute ihn streng tadelten und ihn mit harten Worten kritisierten. Jedoch verbat der Prophet   , dem Allah Weisheit gegeben hat, diesen Tadel. Als der Mann mit dem Urinieren fertig war, befahl der Prophet   , dass man einen Eimer Wasser über seinen Urin schütten soll. So wurde der Schaden entfernt und Allahs Gesandter    rief den Beduinen zu sich und sagte: „Wahrlich, es ist nicht angemessen, etwas Schadhaftes oder Schmutz in diesen Moscheen zu haben. Sie dienen nur für Gebete und dem Rezitieren von Qur’an.“Darauf öffnete sich das Herz des Beduinen aufgrund dieser freundlichen Behandlung. Deswegen habe ich manche Gelehrte den Beduinen zitieren sehen, wie er sagte: „O Allah, sei barmherzig mit mir und Muhammad, und sei nicht barmherzig zu allen anderen.“ Denn der Prophet    behandelte ihn mit bester Art und Weise. Die Gefährten waren jedoch hastig, diese schlechte Tat zu entfernen, ohne den Zustand des Mannes zu kennen, der offensichtlich unwissend war.[1]
 
 
 
Das zweite Beispiel:
 
 
 
Einst kam Mu’awiya Ibn al-Hakam, Allahs Wohlgefallen auf ihm, während der Prophet    die Menschen beim Gebet leitete. Ein Mann nieste und sagte: „Al-Hamdulillah.“ Wenn jemand während des Gebetes niest, dann sollte man „Al-Hamdulillah“ sagen, egal ob man im Stehen, bei der Beugung oder bei der Niederwerfung ist. Dieser Mann (im Gebet) sagte „Al-Hamdulillah“. Darauf antwortete Mu’awiya mit „Yarhamukallah“. Jedoch wird diese Antwort als Sprechen im Gebet gewertet, und diese Tat macht das Gebet ungültig. Daher begannen die Leute auf ihn zu starren. Mu’awiya sagte: „Hätte meine Mutter mich doch verloren.“ Dies ist eine Aussage, die man zwar macht, aber deren Bedeutung man nicht beabsichtigt. Der Prophet    sagte dies sogar zu Mu’adh Ibn Jabal, als er ihm mitteilte: „Soll ich dir nicht etwas sagen, was all dies kontrolliert?“ Er (d.h. Mu’adh) sagte: „Gewiss, o Gesandter Allahs.“ Er    sagte: „Halte dich mit diesem zurück.“ Er hielt seine Zunge und sagte: „Halte dies zurück.“ Mu’adh sagte: „Werden wir Rechenschaft ablegen für das, was wir damit sagen?“ Er    sagte: „Hätte deine Mutter dich doch verloren, o Mu’adh. Was sonst wird dafür sorgen, dass die Menschen auf ihren Gesichtern (am Boden) zum Höllenfeuer gezogen werden - oder er sagte „auf ihren Nasen“ - außer das, was ihre Zungen ernten.“
 
 
 
Danach betete Mu’awiya weiter. Nach Beendigung seines Gebetes rief ihn der Prophet    zu sich. Mu’awiya sagte: „Bei Allah, ich sah keinen besseren Lehrer als ihn.“Möge Allah Seinen Frieden und Seinen Segen auf ihn senden. Er sagte: „Bei Allah, er war weder hart zu mir noch tadelte er mich; er sagte nur: ‚Während des (Pflicht-) Gebetes zu den Leuten zu sprechen, ist nicht richtig. (Das Gebet) ist nur für tasbih (das Sagen von Subhanallah), takbir (das Sagen von Allahu Akbar) und für die Rezitation des Qur’an.’“[2]Schau auf die Da’wa, die bei den Seelen beliebt ist, von den Leuten akzeptiert wird und sich dadurch die Herzen öffnen.
 
Wir leiten vom Fiqh-Aspekt folgenden Nutzen von diesem Hadith ab: Wer auch immer während des Gebetes spricht, ohne zu wissen, dass das Sprechen das Gebet ungültig macht, so ist sein Gebet immer noch gültig.
 
 
 
Das dritte Beispiel:
 
 
 
Ein Mann kam zum Propheten    und sagte: „O Gesandter Allahs, ich bin ruiniert!“ Daher fragte er   : „Und was hat dich ruiniert?“ Er sagte: „Ich hatte während des Ramadan mit meiner Frau Geschlechtsverkehr, als ich fastete.“
 
Deshalb befahl der Gesandte Allahs    ihm, einen Sklaven zu befreien, jedoch sagte er: „Ich kann keinen finden (d.h. ich bin nicht in der Lage).“ Danach befahl er ihm, zwei aufeinanderfolgende Monate zu fasten. Jedoch sagte er: „Ich bin nicht dazu fähig.“ Dann befahl er ihm, sechzig Bedürftige zu speisen. Jedoch sagte er: „Ich bin nicht dazu fähig.“ Der Mann setzte sich hin und der Prophet    brachte ihm einige Datteln und sagte: „Nimm dies und gib es als Almosen.“ Der Mann aber wurde begierig aufgrund der Großzügigkeit des Propheten   , und dies war die beste Freundlichkeit der Schöpfung gegenüber, denn der Prophet    war in der Tat der freigebigste unter allen Leuten. Der man sagte darauf: „Soll ich dies jemandem geben, der ärmer ist als ich, o Gesandter Allahs? Bei Allah, es gibt keine Familie im Raum von Medina, die ärmer wäre als meine.“ Hierauf lachte der Prophet    soweit, dass man seine Backenzähne sehen konnte. Dies geschah, weil der Mann aufgrund Angst kam und „Ich bin ruiniert“ sagte, aber dennoch erfolgreich ging. Daher sagte der Prophet   : „Ernähre deine Familie damit.“ Der Mann ging friedlich, erfolgreich, freudig und mit der Heilung des ersten Rufers zur Religion des Islam - möge der Frieden und der Segen Allahs auf ihm sein.[3]
 
 
 
Das vierte Beispiel:
 
 
 
Lasst uns nun schauen, wie der Prophet mit einem umging, der eine Sünde begangen hatte. Der Prophet    sah einst einen Mann, der einen Goldring an seinem Finger trug. Daher entriss der Prophet    den Ring mit seiner edlen Hand und warf ihn auf den Boden. Und er    sagte: „Würde jemand von euch absichtlich eine feurige Kohle auf seine Hand legen?“Der Prophet    hat ihn also nicht so behandelt, wie er die Leute in den vorherigen Beispielen behandelt hat. Vielmehr riss er ihn von seiner Hand an sich und war ihn auf den Boden. Nachdem der Prophet    ging, wurde zu diesem Mann gesagt: „Nimm deinen Ring und ziehe daraus Nutzen (d.h. verkaufe ihn).“ Der Mann sagte: „Bei Allah, ich werde niemals einen Ring nehmen, den der Prophet    weggeworfen hat.“[4]Allahu Akbar! Dies war die herrliche Art der Gefährten in der Ausführung der Befehle Allahs und Seines Gesandten   .
 
 
 
Daher ist es wichtig, dass der Rufer zu Allah mit Weisheit einlädt, denn jener, der unwissend ist, ist nicht wie jener, der Wissen hat. Und jener, der ablehnt, ist nicht wie jener, der bereitwillig akzeptiert. Daher gibt es für jeden Ort eine (passende) Aussage und für jede Situation eine Bedingung.
 
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[1]Siehe Sahih Muslim (engl. Buch 2, Nr. 559).
 
[2]Siehe Sahih Muslim (engl. Buch 4, Nr. 1094).
 
[3]Siehe Sahih al-Buchari (engl. Bd. 3, Nr. 158) und Sahih Muslim (engl. Buch 6, Nr. 2457).
 
[4]Siehe Sahih Muslim (engl. Buch 24, Nr. 5209).
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